Was hat Lektorat mir der Weinlese gemeinsam?

Gern denke ich an meinen Lateinlehrer zurück, daran, wie er uns den Ursprung des lateinisches Verb legere (zu Deutsch: lesen, sammeln, auflesen, auslesen) erklärte. Von dessen Partizip Perfekt Passiv lectus/lectum sich der Lektor, das Lektorat ableiten. Vor dem Lesen als Kulturtechnik, so mein Lehrer, steht die sinnliche Erfahrung des Auflesens von Dingen im alltäglichen Leben der Menschen, wie z. B. beim Sammeln von Totholz im Wald oder bei der Weinlese. Davon leitet sich das Lesen ab als „Aufsammeln“ der Buchstaben und Schriftzeichen mit den Augen. 

Und, so möchte ich ergänzen, wie das Holz auf seine Brennbarkeit oder Wein auf seine Unverdorbenheit hin beim Lesen gesammelt wird, wird auch beim Lesen nicht einfach nur gesammelt, sondern qualitativ wertend gelesen. Das geschieht meist unbewusst und zeigt sich darin, ob einem ein Text gefällt oder nicht, ob man weiterliest oder nicht. Rechtschreib- oder Kommafehler sowie stilistische Mängel (Ausdrucksfehler und Stilfehler) oder auch inhaltliche Fehler fallen dagegen eher dem geübten Auge auf. Genau hier setzt das prüfende Lesen eines Lektors an, das ist die Hauptaufgabe des Lektorats.

Mein persönlicher Blick auf Sprache, Stil und die Kunst des Lesens

In diesem Artikel soll es nicht um eine allgemeine Beschreibung des Lektorats als Dienstleistung gehen, auch nicht um dessen Aufgaben als Abteilung in einem Verlag, einer Werbeagentur oder einem Übersetzungsbüro. Vielmehr möchte ich etwas zu meinem eigenen Selbstverständnis als Lektor schreiben.

Werfen wir hierzu einen kurzen Blick auf die unterschiedlichen Bereiche des Lektorats:

Stilistisches Lektorat

Beim stilistische Lektorat kümmere ich mich um den sprachlichen Ausdruck, die Lesbarkeit und Verständlichkeit eines Textes. Rechtschreibfehler und Zeichensetzungsfehler korrigiere ich dabei mit. Unter Umständen ist aber eine Schlusskorrektur empfehlenswert, vor allem wenn es sich um ein Manuskript handelt, das als Buch veröffentlicht werden soll. Druckkosten sind hoch, und eine Auflage wegen verbliebener Fehler im Text wieder einzustampfen, macht es umso teurer. 

Das stilistische Lektorat richtet sich danach, ob es ein fiktionaler oder nicht fiktionaler Text ist. Gut, Lesbarkeit und Verständlichkeit sind für beide Formen essenziell, aber was den sprachlichen Ausdruck betrifft, gelten jeweils andere Maßstäbe. Beschränken wir uns hier auf das Lektorat von literarischen Texte; auf das Lektorat von nicht fiktionalen Texten gehe ich unten unter „Wissenschaftslektorat und Fachlektorat“ ein. 

Neben Lesbarkeit und Verständlichkeit geht es beim stilistischen Lektorat, wie der Name schon sagt, um den sprachlichen Stil, aber auch um den Handlungsfaden und die Gestaltung der Protagonisten einer Erzählung. Die Handlung wird hinsichtlich ihrer Konsistenz geprüft und darauf, ob Streichungen möglich sind, weil Erzählstränge unwesentlich sind oder sich Abschnitte oder Kapitel unnötig in die Länge ziehen. Streichen, streichen, streichen – ist hier das Motto, was gewohnheitsgemäß einem Autoren schwerfällt oder schwer zu vermitteln ist. Meistens gewinnt aber ein Text durch Kürzungen.

Da jeder Autor seinen eigenen sprachlichen Stil hat, orientiert sich das Lektorat daran, die Stimme des Autors zu erhalten. Geprüft wird, ob der Sprachduktus harmonisch und durchgängig ist. Schachtelsätze sind nicht per se zu verteufeln. Sie sollten nur gut strukturiert sein, damit der Leser nicht den Faden verliert. Komplexe Gedanken oder Geschehnisse lassen sich nun mal eher in Schachtelsätzen ausdrücken. Zudem verlangsamen sie das Lesetempo. Kurz gehaltene Sätze erhöhen dieses dagegen. 

Schräge Metaphern und Stilblüten werden korrigiert. Denn während sparsam und pointiert eingesetzte sprachliche Bilder und lebendige Beschreibungen einem literarischen Text eine besondere Güte verleihen, erzeugen falsche oder überzogene Bilder, also die schrägen bzw. schiefen Metaphern, schlicht schlechte Literatur. Die Stilblüten toppen das noch, denn mit ihnen greift der Autor komplett daneben bei der Wortwahl oder Wortstellung oder mit ungewollt komischen Mehrdeutigkeiten.

Wissenschaftslektorat und Fachlektorat

Im Wissenschaftslektorat werden alle akademischen Texte betreut von der Semesterarbeit über die Bachelorarbeit, Masterarbeit und Diplomarbeit bis hin zu Dissertationen und anderen wissenschaftlichen Fachpublikationen. Auf der sprachlichen Ebene ist das Lektorat ähnlich dem stilistischen Lektorat, nur wird hier neben Klarheit, Kohärenz, Genauigkeit und Lesbarkeit noch darauf geachtet, dass die dem Fach entsprechenden Standards der wissenschaftlichen Sprache eingehalten werden. Gerade bei Studienanfängern trifft man oft noch auf umgangssprachliche Formulierungen, die in einem wissenschaftlichen Text nichts zu suchen haben.

Neben den sprachlichen werden die formalen und inhaltlichen Aspekte einer wissenschaftlichen Arbeit überprüft. Und zwar von der Hinführung zum Thema über die Fragestellung (Problemstellung, These), die methodischen Grundlagen und ihre Anwendung in der Argumentation bis hin zum Ergebnis und der Schlussfolgerung. Inhaltliche Fragen lassen sich durch ein Fachlektorat überprüfen.

Zu den formalen Aspekten gehören auch die Überprüfung der Zitation, Quellennachweise, Verzeichnisse. Wenn gewünscht oder wie von manchen Hochschulen bzw. Fachbereichen bereits gefordert, kann auch eine Plagiatsprüfung erfolgen.

Mehr zu den von uns angebotenen Leistungen und Preisen zum Lektorat und Korrektorat für Studentinnen und Studenten finden Sie unter Lektorat und Preise.

Coaching

Im Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Lektorat biete ich auch ein Coaching an, das sich an Studentinnen und Studenten richtet. Gern begleite ich Studenten bei der Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit. Dabei biete ich Hilfestellung bei der Planung der Arbeit, dem Entwurf der Gliederung und im Schreibprozess. Mein Feedback hilft dann im gesamten Entstehungsprozess, Fehler zu vermeiden bzw. zu korrigieren. Das Drängen auf das Einhalten des Zeitplans gehört ebenso dazu, gerade wenn sich Tiefs einstellen oder Prokrastination ein generelles Problem ist. 

Meiner Erfahrung nach helfen positives Feedback und konstruktive Kritik nicht nur dabei, eine gute Arbeit abzuliefern, sondern stärken dem Studenten oder der Studentin durch den Rückhalt in dieser arbeitsintensiven und nervenaufreibenden Zeit den Rücken, mit positiven Auswirkungen auch auf andere Bereiche des Lebens.

Werbelektorat

Zum Bereich Werbelektorat habe ich einen gesonderten Blogartikel geschrieben: Werbelektorat

Fazit: Lektorat ist Lesen mit Verantwortung

Lektorat bedeutet für mich mehr als Fehlerjagd. Es ist ein achtsamer, prüfender und wertender Blick auf Sprache und Inhalt. Es geht darum, Texte in ihrer besten Version zu veröffentlichen oder als studentische Arbeit einzureichen – ohne dem Autor seine eigene Stimme zu nehmen.

Wenn Sie Fragen zum Lektorat haben oder unsicher sind, ob Ihr Text ein Lektorat braucht, freue ich mich auf Ihre Nachricht oder auf einen Kommentar hier auf dem Blog.

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